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Golfclubs Maria
Bildhausen:
Golfen wo
der
liebe Gott den Golfern auf die Finger schaut
von Karl Heinz Hattemer
Die
Anlage des Golfclubs Maria Bildhausen ist wahrscheinlich nur wenigen
Golfern bekannt. Vielleicht liegt es daran, dass der Ort in der
fränkischen Rhön in der Nähe der ehemaligen Grenze zur DDR etwas abseits
von den nord- süd- und ost-westliche Reisewegen liegt oder auch, weil
sie erst vor fünf Jahren eröffnet wurde.
Wie dem auch sei: Club und Platz haben Mitte August das Interesse
vieler Spielerinnen und Spieler auf sich gelenkt. Zumindest bei denen,
die ein Herz auch für jene Mitmenschen haben, die nicht auf der
Sonnenseite des Lebens stehen. Maria Bildhausen war nämlich der
Austragungsort der ersten offiziellen Europameisterschaft der
behinderten Golferinnen und Golfer. Etwa einhundert Behinderte aus
zwölf Nationen werden in mehreren Vorgabe- und Behinderungsklassen
gegeneinander antreten, um die jeweiligen Europameister zu küren.
Rollstuhlfahrer und Blinde, Einarmige, Beinamputierte und
Contergangeschädigte waren vom 16. -19. August am Anschlag.
Gespielt
wurde jedoch nach den offiziellen Spielbedingungen und Regeln des DGV,
die für einzelne Behinderte nur geringfügig verändert wurden. Doch wer
glaubt, dass in diesen Tagen ein bisschen Mitleidsgolf gespielt wurde,
unterliegt einem großen Irrtum, denn trotz verschiedener
Beeinträchtigungen kamen Spieler mit einstelligen Handicaps nach Maria
Bildhausen.
Welchen Stellenwert diese Veranstaltung hatte, geht aus der Tatsache
hervor, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder die Schirmherrschaft für das
Turnier übernommen hatte.
Nicht von ungefähr ist Maria Bildhausen für
diese Europameisterschaft ausgewählt worden.
Das Gelände ist nämlich
Eigentum der Ursberger St.-Josefs-Kongregation, die seit vielen Jahren
behinderte Menschen betreut.
Auf dem 140 Hektar
großen Gelände, das früher landwirtschaftlich genutzt war, wurde Anfang
der 90er Jahre mit dem Bau eines Golfplatzes begonnen, der - wie alle
hofften - rentabler arbeiten würde als bei landwirtschaftlicher Nutzung.
Die Optimisten hatten Recht.
Als Designer wurde mit Christian Habek
aus München ein Golfarchitekt engagiert, der noch keinen großen Namen
hatte, der aber rund um das Kloster und den Rindhof einen sehr schönen
Meisterschaftsplatz baute (Luftaufnahme unten), der 1996 eröffnet wurde.
Die Anlage schmiegt
sich harmonisch in das Biosphärenreservat der Rhön ein, ist leicht
hügelig, aber auch von älteren Menschen gut zu bewältigen. Von fast
von allen Abschlägen hat man einen herrlichen Blick auf die weitläufige
Landschaft unweit der Bäderstädte Kissingen, Königshofen und Neustadt.
Es ist eine Oase der Ruhe; nur von Zeit zu Zeit rauscht ein
Segelflugzeug von der nicht weit entfernten Wasserkuppe über die
Fairways.
Einen guten Golfplatz
kann man daran erkennen, dass routinierte Spieler schon nach der ersten
Runde jedes einzelne Loch beschreiben können und - Dogleg rechts, Dogleg
links - nicht mehr wissen, ob es die 8, 11 oder 15 war, wo sie den Ball
im Rough verloren haben. In Maria Bildhausen hat jedes Loch seinen
eigenen Charakter.
Die
Bahnen sind nicht allzu schwer zu bewältigen (wie schon das Ergebnis von
einem Schlag über Handicap des Autors beweist!), zumal die
gefahrdrohenden Roughs ziemlich heruntergeschnitten wurden, so dass man
auch abseits der Idealrichtung seinen Ball noch relativ gut treffen
kann. Auf etlichen Bahnen kommen allerdings Bäche und Seen ins
Spiel.
Da heißt es, sein eigenes Können realistisch einzuschätzen, will
man keine Ballverluste in Kauf nehmen.
Beispielsweise an Loch 4 ("Große Wüstung"), einem Par 3 von 161 m
Länge für die Herren und 143 m für die Damen, oder an der 7
("Bildstock"), einem Par 5 von nur 447 bzw. 395 m, wo schon Können und
Mut dazu gehört, den direkten Weg über das Wasser zu nehmen, oder an der
10 ("Hutwiesenacker"), einem Par 4 von 345/309 m, erst recht an der 17
("Großer Schindeller"). Wenn man bei diesem Par 4 (372/330 m) den
Abschlag gut getroffen hat, wartet noch eine kleine Bunkerlandschaft zur
Verteidigung des Grüns.
Alle Grüns sind aber gut zu lesen und treu, allerdings muss man die
Puttlinie genau studieren, will man keinen unnötigen Schlagverlust
hinnehmen.
Alles
in allem: es ist schade, dass die Anlage etwas abseits der
Verkehrsströme liegt. Das hat jedoch auch den Vorteil, dass Gäste in
Maria Bildhausen immer gern gesehen sind und es am ersten Abschlag kaum
Gedränge gibt.
Das Greenfee ist mit 60 Mark wochentags und 70 Mark am Wochenende
und an Feiertagen human. Selbst die Aufnahmegebühren sind derzeit mit 2
000 Mark pro Einzelmitglied und 3 000 Mark pro Ehepaar der Beweis, dass
man kein Nabob sein muss, um Mitglied in einem Golfclub werden zu
können.
Bild links: Das
geschickt in den Rindhof integrierte Clubrestaurant offeriert auf seiner
reichhaltigen Karte preiswerte Speisen und Getränke.
Mit Alan
Hogg und Colin Monk hat der Club zwei eifrige und stets gut gelaunte
Pros.
Ihr Können wird
dadurch unterstrichen, dass sie Clubmitglieder zu deutschen Jugend- und
bayerischen Meistern geformt haben.
 Für
die Jugend hat sich der Golf-Club Maria Bildhausen von Anfang an
engagiert. Bereits 1997, ein Jahr nach Aufnahme des Spielbetriebs auf
der neuerrichteten Golfanlage wurde die Jugendmannschaft Bayerischer
Jugendmeister. Sie setzte diesen Erfolg in den Jahren 1998 und 1999
fort. Kinder und Jugendliche aller Altersstufen erhalten eine kostenlose
und hervorragende Ausbildung im Golfsport. Spass und Talent werden
ebenso gefördert, wie das Verantwortungsbewusstsein. Die Pros führen
natürlich auch Anfänger in die Geheimnisse des Golf ein. Ein
Schnupperkurs (drei Stunden + Leihschläger + Übungsbälle) kostet 130
Mark.
Und wer es erst einmal auf eigene Faust probieren will, dem steht
der Sechs-Löcher-Platz, "SIX for fun" genannt, zur Verfügung - ohne
Mitgliedschaft, ohne Aufnahmegebühr, ja sogar ohne Vorkenntnisse kann
man sich dort nach Herzenslust austoben, für 30 Mark einen ganzen Tag
lang.
Noch einmal zurück zu den europäischen Meisterschaften der
Behinderten. In Maria Bildhausen waren nicht nur bei diesem Turnier
Rollstuhlfahrer mit ihren Spezial-Buggies willkommen - auf den
Abschlägen ebenso wie auf den Grüns!
Auf
die Qualität der Golfanlage hat sich dies nicht negativ ausgewirkt. Man
hat ausgerechnet, dass die Druckbelastung unter den Reifen 50 Prozent
unter der der Füße und erheblich unter der der Mähmaschinen liegt, die
tagtäglich ein Vielfaches an Gewicht auf die Fairvvays und Grüns
bringen.
Der Golfsport ist gerade für behinderte Menschen eine sinnvolle
Freizeitbeschäftigung, die Lebenswertgefühl und -freude den Menschen
vermittelt, mit denen es das Schicksal nicht so gut meinte. Selbst den
im Kloster der Ursberger St.-Josefs-Kongregation betreuten
Schutzbefohlenen gelingen manchmal schöne Golfschläge. Wichtiger ist
jedoch für sie, dass sie mit leichteren Arbeiten rund um die Fairways
und Grüns betraut werden können und ihre Aufgaben mit großer
Begeisterung erledigen. Hier im Klostergarten sind Hilfe, Hobby und
Sport eine ideale Symbiose eingegangen.
Der Behinderten Golf Club Deutschland e.V., BGC, ist Mitglied im
Deutschen Golf Verband, der die Entwicklung des Behindertengolfs sehr
positiv sieht und dies durch vielfältige aktive Unterstützung zeigt.
Weiter ist der BGC Mitglied im Deutschen Behinderten Sportverband
(zuständig für die Paralympics) und in der EDGA - European Disabled Golf
Association.
Seit 1997 wird der
Deutschland-Pokal der behinderten Golfer auf der
Golfanlage Maria Bildhausen
ausgetragen.
Anschrift:
GoIfclub Maria Bildhausen, Rindhof 1, 97702 Münnerstadt, Tel.:
09766 1601, Fax 1602, Internet: www.maria-bildhausen.de.
Herren mittlere Abschläge (gelb): CR 70,4, Par 72, Slope 127;
Damen mittlere Abschläge (rot): CR 72,8, Par 72, Slope 125.
Fotos: GC-Maria Bildhausen |