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Punta Ala Golf Club Toskana
Achtzehn Gänge für Genießer
Vor uns liegt die See
ausgebreitet wie ein aufgeblähtes Segeltuch, die Insel Elba ...
In
der Toskana gibt es nicht nur Kultur und Altertümer, sondern auch aufregend
schöne Golfplätze.
Die Bilder sind bekannt. Weichgeformte Hügelketten in verschwimmenden
Pastellfarben. Zypressen und Olivenhaine, steinerne Bauernhäuser und
muschelförmige Piazze, von Pasta, Kunst und Korbflaschen ganz zu schweigen.
Alles scheint in
Superlativen präsent zu sein. Überstunden für die Sinne. Dabei sind die Bilder
nicht einmal falsch. Sie trifft man überall an in diesem Erlebnis- und
Erholungspark der Toskana.
Für den ernsthaften Golfer freilich ist kein Programm vollständig, ohne nicht
dem Kult der weißen Kugel gefrönt zu haben.
Erstrebenswerte Ziele dafür finden wir gewiss in den Höhenzügen rund um Florenz
oder Siena. Die erste und damit beste Pressung des "grünen Öls" nimmt man jedoch
aus Punta Ala mit nach Hause.
Die Ortschaft
liegt auf halben Wege zwischen den mittelalterlichen Städten Massa Marittima und
Grosseto am südlichen Zipfel einer Halbinsel, die mit vorwitzigem Hundekopf die
Tyrrhenische See vom Golfo di Follonica trennt.
Ausgerechnet
hier, wo einst plündernde Söldnerheere und sonstige Marodeure nisteten und ein
oft gesungenes Volkslied mit dem Vers ,,Verflucht seist du, Maremma" anhebt als
Anspielung auf ein einst armes und mückenverseuchtes Sumpfgebiet, finden wir den
aufregendsten Platz der Region.
Wie
ein Schwalbennest klebt der erste Abschlag hoch über dem Meer. Die meisten
werden den Eröffnungsdrive hinauszögern, um zunächst dem Auge einen grenzenlosen
Spaziergang zu gönnen: Vor uns liegt die See ausgebreitet wie ein aufgeblähtes
Segeltuch, die Insel Elba und an klaren Tagen auch Konturen von Korsika
unterbrechen die tiefblauen Gewässer, während westlich ein blendend weißes
Marmorgebirge ins Blickfeld gerät, als habe sich frischer Schnee in den
Breitengraden geirrt. Im Rücken sorgt die immergrüne Wildnis der Macchia für
einen schmetternden Kontrast.
Dieses atemberaubende Panorama wird uns wiederholt begegnen, am
eindrucksvollsten vom 7. Tee aus und hinter dem 9. Grün. Es kann leicht davon
ablenken, dass die Runde gleichermaßen die Phantasie und den Kreislauf
beansprucht und die Turbulenz des Geländes neben Können auch Kondition fordert.
Dies ist kein Boulevard für Flaneure, kein Musterkoffer sanfter Idyllen. Hier
arbeitet ein Kurs im Akkord, reizt seine eigene Virtuosität aus und jongliert
mit kühnen Stilkapriolen. Ein Spagat zwischen Verzückung und Verzweiflung.
Zu Punta Alas robustem Mobiliar
gehört auch ein Canyon, der in seinem ungemachten und trockenen Bett hier manche
Ehrenrunde dreht und dem verirrten Ball mal diagonal, mal aus seinen seitlichen
Flanken heraus auflauert.
Wer
über eine ruhige, erfahrene Hand verfügt, wird an den pfeilschnellen Grüns seine
helle Freude haben, obwohl man zuweilen den Eindruck hat, als balanciere man auf
Eisschollen. Ein Tummelplatz für Tüftler und Taktiker, eine Lotterie für
diejenigen, die einfach drauf los fabulieren. Vier unterschiedlich lange Par 3,
ein Quartett von Par 5, die zur Resultatsverbesserung einladen, der Rest als Par
4 zwischen 295 und 430 Metern variierend, ausbalancierter lässt sich kaum eine
Streckenführung denken.
Dahinter könnte man das Konzept
eines großen Architekten unserer Zeit vermuten. Tatsächlich jedoch ist für den
Entwurf der langjährige Clubsekretär Giulio Calvalsani verantwortlich. Der
hagere Mann, der ohne Papier und Bleistift immer ein wenig unbekleidet aussieht,
hat seine Ideen bereits in den frühen sechziger Jahren auf Punta Ala umgesetzt,
ein erstaunlicher Vorgriff auf den Kanon moderner Platzarchitektur. Sein Layout
enthält keine rasch entzifferbare Botschaft, und mancher wird die vorherrschend
waldreiche Intimität der Runde beängstigend eng empfinden. Aber der zweite Blick
verrät, dass nahezu alle Fairways im Drivebereich ihre schlanken Taillen
preisgeben. Ausrufezeichen im reichhaltigen Angebot von Punta Ala sind gewiss
die Par 3 der Löcher sechs und elf. Sie führen ohne Fluchtweg über den Canyon
hinweg und schließen mit Grüns, deren Maserung erstaunlich mit dem Wellengewoge
der See korrespondieren. Auch das lange 10., vom Hochplateau des Tees beginnend
und dann zwischen Macchia und Schlucht mäandernd, zergeht zartbitter auf dem
Schlägerblatt. Fünf Bunker gruppieren sich ums Green wie alte Männer beim
Dorfklatsch.
Danach profitiert
die Partie vom Wechsel geschlossener und offener Räume, ohne das Tempo zu
drosseln. Italienische Opernfreunde wissen, dass keine Aufführung komplett ist,
bevor nicht die ,,grassa signora" gesungen hat.
Dort, wo vormals
etruskische Schlote rauchten, hat die ,,fat Lady" ihren Auftritt am 16. Loch:
Die Arie hebt an im dichten Schutz des Pinienwaldes, öffnet sich platztypisch im
gelungenen Drivebereich, um dann unvermittelt als Crescendo zu explodieren. Ein
riesiger, grüner Orchestergraben ist mit dem zweiten - oder auch dritten -
Schlag zu überfliegen, eine Gruft, in der Hoffnungen zerfließen wie der
Milchschaum auf dem Gipfel des Capuccinos.
Punta Alas altes Castell, einst Sitz toskanischer Fürsten, liefert die
ldeallinie für den Abschlag am 17.
Dann der
Schlussakkord, eine kühne Rechtsschleife zum Clubhaus hin. Ein Grün, das alle
Kostbarkeiten und Katastrophen der Runde nochmals bündelt. Momente glücklicher
Erschöpfung. Der Vorhang fällt, halb im Scherz.
GOLF Club Punta Ala,
Via del GOLF
58040 Punta Ala (GR),
Tel. 0039 564 922 121
Hotelempfehlung:
Gallia Palace Hotel Relais & Chateaux,
58040 Punta Ala (GR), Toskana,
Tel. 0039 564 922 022, Fax 0039 564 920 229
Das Hotel führt im Mai/Juni und September traditionelle Golfwochen durch und
gewährt Golfern interessante Sonderkonditionen. Reservierung bei Luciano
Bonfanti.
Text:
Hans-Joachim Walter
und Fotos von Brian Morgan
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